Om Tarantella
Das Bild verlässt mich nicht; wie eine Qual die an mich angewachsen ist, so hängt es an mir. Und wenn es auch manchmal erlischt, für Wochen und Monate ¿ plötzlich ist es wieder da und gießt mir ein unbehagliches empfinden über den Rücken, ein peinlich schmerzendes Gefühl in die Seele ¿ ein Gefühl, als wär¿ ich schuldig und hätte teilgenommen am Mord eines Kindes, dessen ganzes Verbrechen ein wenig Hunger und ein wenig Eitelkeit war, gedankenlose Torheit und unbewusste Liebe. Dass Jahr um Jahr darüber hingeht, dass die Stätte, an der ich es sah, viele hundert Meilen dort unten liegt ¿ das hilft nicht gegen die Marter dieses Bildes. Immer wieder ist es da, seine Farben verblassen nicht, es will sich der Schauer nicht lindern, der von ihm ausgeht. Und möchte die Erinnerung schlummern, so lauf¿ ich immer wieder an einen Wecker hin, der sie aufrüttelt und ihre Stimme schreien macht.
Sorrent wird ja so viel gemalt; bald mit den violetten Steinhalden des Mont¿ Angelo im Hintergrund, bald mit dem Ausblick übers Meer und gegen das purpurne Ischia, bald mit der Fernsicht auf den Vesuv, dessen tiefes Blau und dessen groß geschwungene Kegellinie mit der Rauchpalme darüber in Natur so hinreißend wirkt und gemalt ¿ auch von der Hand eines Meisters ¿ so langweilig, so unwahr, so affektiert unmöglich erscheint. In jeder Ausstellung begegne ich diesen Bildern, im Schaufenster jeder Kunsthandlung seh¿ ich die gräulichen Farbendrucke hängen ¿ und ob ich am liebsten auch vor ihnen davonrennen möchte, ich bleibe dennoch stehen und suche den winzigen blauen Farbenklex, der ungefähr die Uferstelle bedeuten könnte, an der ich sie damals fand: die arme Piccola-monèt.
Vis mer