Gjør som tusenvis av andre bokelskere
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FERDINAND. Ich lerne meine Frau Muhme immer besser kennen. Es würde ein sehr mittelmäßiges Glück für Herrn Simonen sein, wenn er mit seiner künftigen Frau Schwiegermutter in einem Haus wohnen sollte. Sie würde ihn entweder bald aus dem Hause oder bald ins Grab beten. Überhaupt geht sie mit ihm und mit mir sehr wunderbar um. Sie hat verlangt, daß wir zu ihr kommen und das Jawort wegen der Heirat mit ihrer Jungfer Tochter abholen sollen. Wir sind von Berlin hieher gereiset. Wir sind schon vier Tage hier. Und alle Tage hat sich ein Hindernis finden müssen, dem Herrn Simon das versprochene Ja zu erteilen. Morgen müssen wir wieder fort. Und der heutige Tag ist endlich zu der Versprechung angesetzt. Gleichwohl sehe ich noch wenig Anstalt dazu.LORCHEN. Gedulden Sie sich nur bis um vier Uhr, wenn ich bitten darf. Eher nimmt die Frau Richardin keinen Besuch an. Und eher sie sich in ihrer Nachmittagsandacht stören läßt, eher läßt sie Herrn Simonen und zehn andre Freier wieder fortreisen.FERDINAND. Ich weiß wohl, daß wir erst um vier Uhr herbestellt sind. Allein ich habe noch verschiedenes wegen der Aussteuer mit meiner Frau Muhme auszumachen, und solche Sachen muß man vor dem Jaworte in Richtigkeit bringen. Haben Sie also die Güte und lassen Sie mich melden.
Lottchen. Loben Sie mich nicht, Papa. Ich bin mir in meinen Augen so geringe, daß ich sogar das Lob eines Vaters für eine Schmeichelei halten muß.Cleon. Nun, nun, ich muß wissen, was an dir ist. Du hast ein Herz, dessen sich die Tugend selbst nicht schämen dürfte. Höre nur¿Lottchen. Oh, mein Gott, wie demütigen Sie mich! Ein Lobspruch, den ich mir wegen meiner Größe nicht zueignen kann, tut mir weher als ein verdienter Verweis.Cleon. So bin ich nicht gesinnt. Ich halte viel auf ein billiges Lob, und ich weigere mich keinen Augenblick, es anzunehmen, wenn ich's verdiene. Das Lob ist ein Lohn der Tugend, und den verdienten Lohn muß man annehmen. Höre nur, du bist verständiger als deine Schwester, wenn jene gleich schöner ist. Rede ihr doch zu, daß sie ihren Eigensinn fahrenläßt und sich endlich zu einem festen Bündnisse mit dem Herrn Damis entschließt, ehe ich als Vater ein Machtwort rede. Ich weiß nicht, wer ihr den wunderlichen Gedanken von der Freiheit in den Kopf gesetzet hat.Lottchen. Mich deucht, Herr Damis ist Julchen nicht zuwider. Und ich hoffe, daß er ihren kleinen Eigensinn leicht in eine beständige Liebe verwandeln kann. Ich will ihm dazu behülflich sein.Cleon. Ja, tue es, meine Goldtochter. Sage Julchen, daß ich nicht ruhig sterben würde, wenn ich sie nicht bei meinem Leben versorgt wüßte.Lottchen. Nein, lieber Papa, solche Bewegungsgründe zur Ehe sind wohl nicht viel besser als die Zwangsmittel. Julchen hat Ursachen genug in ihrem eigenen Herzen und in dem Werte ihres Geliebten, die sie zur Liebe bewegen können; diese will ich wider ihren Eigensinn erregen und sie durch sich selbst und durch ihren Liebhaber besiegt werden lassen.Cleon. Gut, wie du denkst. Nur nicht gar zu lange nachgesonnen. Rühme den Herrn Damis. Sage Julchen, daß er funfzigtausend Taler bares Geld hätte und¿ Arme Tochter! es mag dir wohl weh tun, daß deine Schwester so reich heiratet. Je nun, du bist freilich nicht die Schönste; aber der Himmel wird dich schon versorgen. Betrübe dich nicht.
Mein Vetter, der auch ein Landedelmann war, doch in seiner Jugend studiert hatte, nahm mich nach meines Vaters Tode zu sich auf sein Landgut und erzog mich bis in mein sechzehntes Jahr. Ich habe die Worte nicht vergessen können, die er einmal zu seiner Gemahlin sagte, als sie ihn fragte, wie er es künftig mit meiner Erziehung wollte gehalten wissen. »Vormittags«, fing er an, »soll das Fräulein als ein Mann und nachmittags als eine Frau erzogen werden.« Meine Muhme hatte mich sehr lieb, zumal weil sie keine Tochter hatte, und sie sah es gar nicht gern, daß ich, wie ihre jungen Herren, die Sprachen und andere Pedantereien, wie sie zu reden pflegte, erlernen sollte. Sie hätte mich dieser Mühe gern überhoben; allein ihr Gemahl wollte nicht. »Fürchten Sie sich nicht«, sprach er zu ihr, »das Fräulein lernt gewiß nicht zuviel. Sie soll nur klug und gar nicht gelehrt werden. Reich ist sie nicht, also wird sie niemand als ein vernünftiger Mann nehmen. Und wenn sie diesem gefallen und das Leben leicht machen helfen soll, so muß sie klug, gesittet und geschickt werden.« Dieser rechtschaffene Mann hat keine Kosten an mir gesparet; und ich würde gewiß noch etliche Jahre eher vernünftig geworden sein, wenn seine Frau einige Jahre eher gestorben wäre. Sie hat mich zwar in Wirtschaftssachen gar nicht unwissend gelassen; allein sie setzte mir zu gleicher Zeit eine Liebe zu einer solchen Galanterie in den Kopf, bei der man sehr glücklich eine stolze Närrin werden kann.
Die Nachtigall und die LercheDie Nachtigall sang einst mit vieler Kunst; Ihr Lied erwarb der ganzen Gegend Gunst; Die Blätter in den Gipfeln schwiegen Und fühlten ein geheim Vergnügen. Der Vögel Chor vergaß der Ruh' Und hörte Philomelen zu. Aurora selbst verzog am Horizonte, Weil sie die Sängerin nicht g'nug bewundern konnte. Denn auch die Götter rührt der Schall Der angenehmen Nachtigall; Und ihr, der Göttin, ihr zu Ehren Ließ Philomele sich noch zweimal schöner hören. Sie schweigt darauf. Die Lerche naht sich ihr Und spricht: »Du singst viel reizender als wir; Dir wird mit Recht der Vorzug zugesprochen; Doch eins gefällt uns nicht an dir, Du singst das ganze Jahr nicht mehr als wenig Wochen.«Doch Philomele lacht und spricht: »Dein bittrer Vorwurf kränkt mich nicht Und wird mir ewig Ehre bringen. Ich singe kurze Zeit. Warum? Um schön zu singen. Ich folg' im Singen der Natur; So lange sie gebeut, so lange sing' ich nur. Sobald sie nicht gebeut, so hör' ich auf zu singen; Denn die Natur läßt sich nicht zwingen.«O Dichter, denkt an Philomelen, Singt nicht, so lang ihr singen wollt. Natur und Geist, die euch beseelen, Sind euch nur wenig Jahre hold. Soll euer Witz die Welt entzücken, So singt, so lang ihr feurig seid, Und öffnet euch mit Meisterstücken Den Eingang in die Ewigkeit. Singt geistreich der Natur zu Ehren; Und scheint euch die nicht mehr geneigt, So eilt, um rühmlich aufzuhören, Eh' ihr zu spät mit Schande schweigt. Wer, sprecht ihr, will den Dichter zwingen? Er bindet sich an keine Zeit. So fahrt denn fort, noch alt zu singen, Und singt euch um die Ewigkeit.
Frontmatter -- ERSTER AUFZUG -- ZWEYTER AUFZUG -- DRITTER AUFZUG -- ANHANG -- MATERIALIEN ZUM VERSTÄNDNIS DES TEXTES -- INHALTSVERZEICHNIS -- Backmatter
Christian Fürchtegott Gellert (1715-1769) war ein deutscher Dichter und Moralphilosoph der Aufklärung und galt zu Lebzeiten neben Christian Felix Weiße als meistgelesener deutscher Schriftsteller. Seine Werke - besonders seine Fabeln - zählten in der Übergangszeit zwischen Aufklärung, Empfindsamkeit und Sturm und Drang zu den meistgelesenen in Deutschland. Durch seine breite Wirkung trug er zur Bildung eines allgemeinen Lesepublikums in Deutschland bei und ebnete so den Weg für die Dichter der folgenden Generationen. Seine Lustspiele brachten erstmals bürgerliche Figuren und deren Milieu auf die Bühnen; der Roman Leben der schwedischen Gräfin von G*** hatte die Ethik bürgerlicher Moral zum Gegenstand und war Wegbereiter des Romans in Deutschland. Aus dem Buch: "Als ich mich den Morgen darauf noch mit dem Grafen beratschlagte, was wir unserm Paare heute für ein Vergnügen machen wollten, trat ein Bedienter herein und sagte, daß ein Engelländer meinen Gemahl sprechen wollte. Sobald er die Tür öffnete, so sagte uns sein Gesicht, daß es Steeleys Vater wäre. Er hatte ein eisgraues Haupt; aber seine muntern Augen, sein rotes Gesicht und trotziger Gang widerlegten seine Haare. Ich suche, fing er auf französisch an, meinen Sohn bei Ihnen; oder da ich in meinem Leben wohl nicht so glücklich sein werde, ihn wiederzusehen: so will ich wenigstens hören, ob Sie nicht wissen, wo er ist. "
Die 1876 von Wilhelm Braune als Neudrucke deutscher Literaturwerke des 16. und 17. Jahrhunderts begrundete Reihe wird seit 1961 in einer neuen Folge fortgefuhrt. Je nach Eigenart und Bedeutung der Autoren und Werke finden Gesamtausgaben ebenso Aufnahme wie Auswahlausgaben oder Einzelwerke, fur die ihrer Bedeutung und Uberlieferung wegen eine kritische Edition erforderlich ist.
Die 1876 von Wilhelm Braune als Neudrucke deutscher Literaturwerke des 16. und 17. Jahrhunderts begrundete Reihe wird seit 1961 in einer neuen Folge fortgefuhrt. Je nach Eigenart und Bedeutung der Autoren und Werke finden Gesamtausgaben ebenso Aufnahme wie Auswahlausgaben oder Einzelwerke, fur die ihrer Bedeutung und Uberlieferung wegen eine kritische Edition erforderlich ist.
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